Erstflug Lufthansa A350-900

Des Kranichs neuer Langstreckenflieger – Trip Report

Erstflug der A350-900 (D-AIXA) der Lufthansa am 9.2.2017 MUC-HAM-MUC – und ich mitten drin. Wie kam es dazu?

Am Anfang war… ein Zittern um einen Platz: das Buchungssystem der Lufthansa, eigens eingerichtet für den A350-Erstflug, hatte so seine Macken. Aber am Ende des Tages hatte ich mein Ticket – Zeit, die Anreise zu organisieren. Die Strecke Wien-München mit dem Flugzeug zurückzulegen verwarf ich ob der horrenden Preise – und wagte mich stattdessen an den Nachtzug der ÖBB. Unter dem Namen „Nightjet“ verbarg sich allerdings… eine Garnitur der ungarischen MÁV, wie ich am Abend des 8. Februar auf dem Wiener Hauptbahnhof erfahren habe. Der Schlafwagenabteil entpuppte sich aber als einigermaßen komfortabel, es wurde auch für ausreichend Getränke gesorgt und auch ein Frühstück war im Fahrpreis inkludiert- wiewohl Letzteres ein wenig… khm… „Ostblock-Retro“ wirkte.

Dennoch kam ich ausgeruht in München an, bestieg die S-Bahn und machte mich auf die rund 40-minütige Anfahrt zum Flughafen Franz Josef Strauss. Dort angekommen, suchte ich zunächst jene Check-In-Schalter auf, die speziell für diesen Sonderflug eingerichtet wurden. Dann ging es dank des FTL-Status recht flott durch die Sicherheitskontrolle und per Shuttle zum kürzlich eröffneten Satelliten-Terminal, dessen Gate K01/K03 den Start des heutigen Events bilden sollte. Nach einem kurzen Abstecher in die dortige LH-Lounge (ein sehr kurzer Kurzbericht hierüber folgt demnächst) zwecks eines doch notwendigen starken Kaffees ging es auch zum besagten Gate, wo die Fluggäste mit Sektfrühstück begrüßt wurden.

Während dieser Wartezeit konnte ich feststellen, dass es neben 30 Pressevertretern und einigen Mitarbeitern der Lufthansa sowie den zahlenden Fluggästen auch 20 Gewinner diverser Abonnenten-Gewinnspiele deutscher Regionalzeitungen an Bord geschafft haben. Ein breiter Querschnitt also: Airline-Mitarbeiter – Journalist – Avgeek – glücklicher Gewinner.

Diese genauen Daten wurden dann bereits von Konzernvertretern genannt, die in kurzen Reden den neuen Flugzeugtyp in der Flotte der deutschen Lufthansa und am Hub München willkommen hießen. Auch der Kapitän des Fluges stellte sich kurz vor: Captain Martin Hoell, Kapitän der Langstreckenflotte, würde uns heute von München nach Hamburg fliegen. Zwischenzeitlich wurde die Maschine bereits zum Gate geschleppt und das Boarding konnte beginnen – nach Art der Fluglinie natürlich getrennt nach Buchungsklassen. Ich hatte für den Hinflug Sitz 33K ausgesucht: Fensterplatz, hinter dem Flügel. Eine gute Entscheidung, wie sich später zeigen sollte.

An Bord der erste Eindruck der Kabine: hell, freundlich – und XWB bedeutet tatsächlich „extra wide body“: alles kam groß und geräumig vor. Naja, zumindest optisch… Die Overhead Bins sind tatsächlich enorm, es sollte kein Problem sein, dort das Handgepäck unterzubringen.

a350-ecokabine

Da ich Economy Class flog, kann ich nur diese Klasse ausführlich vorstellen: die von Zodiac Aerospace entwickelten und in angenehmem Blauton gehaltenen Sitze sind in ihrer Ergonomie angenehm, die Kopfstütze höhenverstellbar, allerdings sind die Armlehnen ein wenig zu schmal geraten, sodass man trotz des luftig wirkenden 3-3-3 Sitzplans unfreiwilligen Kontakt mit dem nachbarlichen Ellenbogen machen könnte. Bei der Bestuhlung entschied sich Lufthansa für eine hohe Dichte: 31″ (78,74cm) beträgt der Sitzabstand – und es wirkt optisch zunächst enger als es sich in der Praxis dann erweist. Eher mißglückt ist indes die Sicherung des Tisches: sie will mit etwas Nachdruck bedient werden. Aber nun zum Groß-artigen: zu den riesigen Fensterflächen. Zwar lassen sie sich nicht wie beim Dreamliner auf Knopfdruck verdunkeln – doch wozu auch die geniale Aussicht verdecken? Ein IFE mit recht großem Touchscreen, mit der Lufthansa-typischen gut durchdachten Menüführung ist ebenso vorhanden wie die Sicht auf drei Kameras (Bauch – nach vorne blickend, Bauch – nach unten, Leitwerk – nach vorne blickend), über die man in jeder Flugphase einen Blick nach vorne erhaschen kann.

Beim Takeoff konnte ich dann leibhaftig erfahren, worüber die Fachpresse schon länger geschwärmt hatte: ich konnte hören, dass… kaum etwas zu hören war. Die A350 ist tatsächlich extrem leise, selbst bei Start und im Steigflug. Auch verhielt sie sich an diesem Vormittag sehr ruhig. Und anstelle der etwas ruckelig geratenen Videos seien an dieser Stelle einige Wingviews samt Wolken eingefügt – genießt die grandiose Aussicht:

Für den Erstflug des neuen Langstreckenflugzeugs – sie trug sinnigerweise die Flugnummer LH350, während der Rückflug unter LH359 angetreten wurde – ließ sich Lufthansa nicht lumpen: nachdem dieser zum Airbus-Standort Hamburg führte, zitierte auch das in allen drei Klassen gleichermaßen servierte Essen die Nordsee, auch optisch. Dazu gab es Getränke – auch Bier.

Nach einer knappen Stunde befanden wir uns im Hamburger Luftraum, da begann der spektakulärste Teil des Fluges: von Captain Hoells sicheren Händen behutsam pilotiert, nahm die „Nürnberg“ (auf diesen Namen wurde die D-AIXA eine Woche zuvor getauft) Kurs auf die Runway des Airbus-Werkes Hamburg-Finkenwerder (XFW). Doch da es ein Lufthansa- und kein Spantax-Flug war, handelte es sich nicht um ein Versehen: wir flogen im Low Pass über die Runway, dann gab der Kapitän vollen Schub und wir stiegen wieder – nicht ohne sich auf die übliche Weise von den zujubelnden Airbus-Mitarbeitern zu verabschieden: ich sah zwar schon öfters das „Flügelwackeln“ – aber in einer Verkehrsmaschine zu sitzen die dieses „Manöver“ fliegt, das war schon eine ganz andere („leider geile“) Erfahrung!

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Anschließend flogen wir eine Runde über Hamburg – leider verhinderten die tief hängenden Wolken eine bessere Sicht auf Stadt und Elbphilharmonie („Elbphi“, im Gegensatz zu BER immerhin fertig geworden). Und dann war es auch schon Zeit für die Landung.

Hamburg empfing uns mit frischem Wetter – und mit einem Spalier stehenden „Empfangskomitee“: lokale Presse und örtliche Luftfahrtenthusiasten warteten schon ungeduldig darauf, die Maschine in Augenschein nehmen zu können, während wir im Flughafengebäude die Wartezeit bis zum Rückflug verbringen würden. Ein kurzer Rundgang durch das Flugzeug ging sich dann doch noch auch für uns aus:

Die Economy Class habe ich bereits vorgestellt. Neben diesen 224 Sitzen befindet sich an Bord auch ein Premium Economy-Bereich ist: 21 Sitze des Herstellers ZIM in einer 2-3-2-Konfiguration und einem Sitzabstand von 38″ (96,52cm) sorgen für mehr Komfort. Wer noch mehr Komfort will, greift tiefer in die Geldbörse – und zur Business-Class: die von B/E Aerospace entwickelten Sitze kennt man aus der aktuellen Flotte des Kranichs lassen sich gänzlich ins Horizontale bringen, um auf Langstreckenflügen einen angenehmen Schlaf zu ermöglichen. Warum sich Lufthansa für eine 2-2-2-Anordnung entschied und dadurch die Fensterplätze (im Gegensatz zu anderen Airlines die 1-2-1 in C haben) keinen direkten Gangzugang haben, ist nicht bekannt. Review dieses Sitzes findet ihr auf dem YouTube-Channel von Simply Aviation (Link am Ende des Trip Reports).

Die freundliche Cockpit Crew posierte denn auch den ganzen Tag geduldig, auch für meine Kamera (danke dafür!). Von Captain Hoell konnte ich in Erfahrung bringen, dass die Umschulung des fliegenden Personals von der A340 auf die A350 weniger Zeit in Anspruch nimmt als man sich denken würde, da die Commonality zwischen den Cockpits sehr stark ist.

Im Hamburger Flughafen empfing uns ein abgesperrtes Areal, auf dem – wieder! Was sagt meine Badezimmerwaage dazu? – ein Buffet aufgebaut war. Im Hintergrund spielte eine Band, eine Sängerin sang dazu: die Stimmung war gelassen. Hier konnte man mit dem einen oder anderen Lufthansa-Vertreter ins Gespräch kommen – sofern diese nicht von Vertretern der Presse belagert wurden. Und dann kam auch schon das Boarding für den Rückflug LH359. Diesmal hatte ich einen Fensterplatz über dem rechten Flügel – doch das das Gegenlicht ließ diesmal keine Außenaufnahmen zu. Dafür gab es ein Selfie (yes we can!) mit jener netten – und geben wir offen zu: sehr attraktiven – Flugbegleiterin, die beide Male für meinen Teil der Kabine zuständig war.

lh-fa-selfie

Auf dem Rückflug erhielten wir zunächst ein kleines Säckchen mit Knabberzeug, das ein „Inaugural A350 Flight“-Etikett trug. Dann wurden kleine (und wie wir erfuhren, handgefertigte) Essenspakete ausgeteilt („Ach, ein Turnbeutel?“, witzelte mein Sitznachbar): die blau-weiss gestreiften Beutel zitierten in ihrer Farbgebung erneut die Nordsee, so wie auch das Thunfischsandwich. Dazu gab es Kartoffelsalat und Dessert in kleinen Einmachgläsern. Wie gesagt: Lufthansa scheute keine Kosten und Mühen, den Erstflug zu einem besonderen Erlebnis werden zu lassen. So waren auf diesen beiden Flügen statt den üblichen acht Flugbegleitern diesmal zwölf „FAs“ an Bord.

Der Rückflug verging nur allzu schnell – schon landeten wir wieder in München. Es war Zeit, Abschied zu nehmen. Beim Gate dann noch eine Überraschung: jeder Fluggast dieses Sonderfluges erhielt eine entsprechende Urkunde und ein in Lufthansa-Farben gehaltenes Lebkuchenherz mit „Welcome A350“-Aufschrift. Das Flugzeugfoto mit Unterschriften der gesamten Cockpit- und Kabinenbesatzung war indes meine Eigeninitiative – die auf viel erfreutes Lächeln und manch ein freundliches Gespräch sorgte.

Was noch folgte, war „Zeit totschlagen für Fortgeschrittene“: die Zeit bis zur Abfahrt des Nachtzuges nach Wien wollte überbrückt werden. Dass dies gelungen und auch die anschließende Zugfahrt überlebt werden konnte, bezeugen diese Zeilen, die erst Tage später entstanden waren.

a350-lh-logo

Fazit des Tages: Ein toller Tag, ein tolles Flugzeug und ein tolles Event. Lufthansa hat alle Register gezogen, um diesen Erstflug eines neuen Flugzeugmusters in ihrer Flotte zu einem Ereignis werden zu lassen, an das sich alle die dabei waren, noch Jahre später erinnern werden – zum Beispiel in Wien, bei Kaffee und Kuchen… 😉

Den Abschluss des Artikels möge noch ein Porträt zieren: weil die Lufthansa-Flugbegleiterin in ihrer zeitlos eleganten Outfit und mit strahlendem Lächeln wohl das beste Aushängeschild der Kranich-Airline ist: „Lufthansa – nonstop you.“

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David Pauritsch von Simply Aviation war ebenfalls mit an Bord, seinen Trip Report findet ihr hier:

Simply Aviation: Tripreport Lufthansa A350-900 Munich-Hamburg

Alle Bilder dieses Beitrags: Copyright (C) 2017, VicPix Photography

3 Kommentare zu „Erstflug Lufthansa A350-900“

  1. Hat dies auf Travelbook rebloggt und kommentierte:
    Beim Durchsehen meiner abonierten Blogs bin ich auf diesen lesenswerten Beitrag gestoßen. Der Autor war auf dem Erstflug der Lufthansa A 350-900 von München nach Hamburg unterwegs – ein Muss für jeden Flugzeug-Fan 😉

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